Blickpunk Nord 04/2014: Smart Home - das intelligente Haus - Chancen und Risiken

Energie- und Heizkosten sparen leicht gemacht! Immobilienangebote attraktiver machen! Mit der so genannter Smart Home-Technologie alles kein Problem mehr. Das zumindest versprechen uns eine Reihe von Anbietern dieser, mittlerweile nicht mehr ganz so neuen, Technologie.

Nachfrage nach Smart Home-Technologie noch wenig

In unserer heutigen technologisierten Welt hat jeder schon ein-mal von Tablets oder Smartphones gehört und setzt diese wohlmöglich auch im Alltag oder im Berufsleben ein. Kaum ein Handy wird mehr ohne Touchscreen verkauft, wodurch der Einsatz neuer Medien, die wir zu hunderttausenden in unseren AppStores finden, leichterscheinen lässt. Smart Home dient dabei als Begriff für ein technisches Verfahren und System, beidem Wohnräume und -häuser, durch den Einsatz vernetzter und fernsteuerbarer Geräte die Wohn- und Lebensqualität erhöhen sollen. Die über eine Zentraleinheit vernetzten Geräte, bestehend aus Sensoren und Aktoren und werden anstelle von Lichtschaltern, Steckdosen oder manuellen Temperaturreglern installiert. Dadurch, wird es ermöglicht zum Beispiel Lampen, Jalousien, Heizungen, Herd, Kühlschrank oder Waschmaschinebequem zu steuern und morgens, wie in den Werbespots, vom frischen Kaffeeduft geweckt zu werden.

Warum aber sind noch so wenige Haushalte auf diesen Zug aufgesprungen, wenn es doch so einfach ist, Strom und Wärmeverbrauch zu optimieren und dadurch auch noch viel Geld zu sparen?

Im Vordergrund steht der Komfort für Hausbewohner


Meist assoziiert man mit dem Begriff Smart Home maximal invasive Eingriffe in Haus und Wohnung: Lichtschalter austauschen, Steckdosen wechseln, Steuergeräte im Stromkasten einbauen und womöglich sogar die Wände auf-stemmen, um zusätzliche Kabel zu verlegen.

Doch das muss nicht sein! Intelligente zentralgesteuerte netzwerk-fähige Funksysteme und App-Steuerungen von nah und fern sollen auch Laien den Einstieg erleichtern. Richtig intelligent wird eine Wohnung oder ein Haus allerdings nur in den wenigsten Fällen, da in der Regel der Bewohner die Steuerung des Systems übernehmen muss. Im Vordergrund steht daher eher der Komfort, der durch die Steuerung per Tablet und Smart Home App von der Couch oder von unterwegs entsteht.

Energiemanagement ist das neue Zauberwort

In Sachen Energieersparnis rudern viele Anbieter mittlerweile auch wieder zurück und reden eher von einem Energiemanagement. Die meiste Energie verbraucht ein Durchschnittshaushalt mit dem Heizen. Durch den Einsatz einer intelligenten Zeitsteuerung und programmierbaren Thermostaten wird es daher ermöglicht, während der Abwesenheit der Hausbewohner Heizkosten zu sparen. Ob dies jedoch einen messbaren Einspareffekt bringt, ist umstritten und wenn überhaupt, nur mit mehrstufigen Tarifen und intelligenten Stromzählern messbar. Nach Meinung einiger Experten, würde während einer Nachtabsenkung (oder tagsüber beim Arbeiten im Büro), aufgrund gut gedämmter Haus-wände nur wenig zusätzliche Heiz-energie verbraucht.

Energie-Einsparungen bis zu 40% erzielt


Interessanter wird es in schnell aus-kühlenden Räumen, also energie-ineffizienten Immobilien. In einem Praxisvergleich wurden dabei, nach der zum 01.Mai 2014 gültigen Energiesparverordnung, mehrere Häuser mit einem schlechten Endenergiebedarfswert verglichen und durch den Einsatz von Smart Home-Technologien eine Einsparung von40% (Single) bis 17% (Familie) erzielt.

Gerade bei zum Verkauf stehenden Objekten kann durch den Einsatzeines Smart Home Systems das Image und der Wert einer Immobilie aufgewertet und einem potenziellen Interessenten die Angst vor hohen Energiekosten genommen werden.

Installation bedeutet Investitionsbereitschaft

Die sich zu stellende Frage ist nun, ob unter der Berücksichtigung der Investitionskosten für die Steuerungsanlage, der zusätzlichen Komponenten und der Steuerungs-App, genügend Kosten eingespart werden können, um an Ende ein Plus auf dem Konto zu verzeichnen. Ein Basispaket, bestehend aus einer Zentraleinheit, zwei Heizkörperthermostaten, einem Zwischenstecker und einem Wandsender, kostet zur-zeit circa 300 Euro. Im Idealfallhaben Sie damit lediglich ein Zimmer Ihrer Wohnung oder Ihres Hauses abgedeckt. Um eine flächendeckende Installation zu gewährleisten, muss daher deutlichmehr Geld investiert werden.

Systeme sind noch nicht kompatibel

Ein weiterer Kritikpunkt sind die vielen unterschiedlichen Standards der Anbieter. Derzeit gibt es keine einheitliche Linie, wodurch die Systeme der unterschiedlichen Hersteller nicht miteinander kombiniert werden können. Dies wäre jedoch dringend notwendig, weil die meisten Anbieter sich auf einzelne Komponenten von Smart Home spezialisiert haben. So bieten die Einen eine Jalousiesteuerung per Internetseite und App an, während sich die anderen lediglich auf die Heizungssteuerung konzentrieren. Bei Anbietern vermeintlich aller Funktionen, bleiben dann die Usability und der Funktionsumfang auf der Strecke.

Smart Home = Gläserner Kunde?

Auch den Datenschutz sehen viele Experten noch sehr kritisch. „Der Kunde wird gläsern“, weil viele Informationen zusammenlaufen, ein vollständiges Bewegungsprofil des Nutzers erstellt kann und dadurch beispielsweise die Ess-gewohnheiten (öffnen vom Kühl-schrank) ermittelt werden. Auch wird das System durch Dritte angreifbar, denn nicht nur die Her-steller können von extern auf das System zugreifen. Ein großer Heizungsanlagenhersteller forderte 2013 seine Kunden auf das Netzwerkkabel zu ziehen, da eine Sicherheitslücke im Systemregler, also der Steuereinheit, Angreifern die Möglichkeit bot, die Anlage via Internet abzuschalten oder womöglich zu beschädigen. Dieser Fall zeigt, dass Smart Home-Systeme bei weitem noch nichtsicher genug sind und Sicherheits-lücken erheblichen Schaden an-richten können. Letztendlich muss jeder Anwenderselbst entscheiden, ob ein Einsatz der Smart Home-Technologie sinn-voll ist oder nicht. Für Technik-begeisterte, die neben der Energie-effizienz auch noch Interesse an der Installation und Nutzung eines solchen Systems haben, lohnt sich der Kauf daher augenscheinlich mehr als für den Durchschnittsbürger. Vor dem Kauf sollte sich je-doch ausgiebig mit der Materieauseinandergesetzt werden. Neben Intelligenten Stromzählern, einen variablen Tarif, der je nach Tageszeit unterschiedliche Strom-preise anbietet und ein auf die Bedürfnisse ausgewähltes System, sollten die Kosten gegenüber der Ersparnis gestellt werden. Amortisiert sich das System erst nach mehreren Jahren, sollte gegebenenfalls noch auf eine Anschaffung verzichtet werden. Denn auch, wenn es viele so genannte Experten prognostizieren, wird sich die breite Masse in den kommenden Jahren nicht für ein solches System entscheiden und die Weiterentwicklung augenscheinlich ein wenig ins Stocken geraten.



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Quelle: Blickpunk Nord 04/2014